Es wird angenommen, dass jede 7. Familie in Deutschland eine Patchworkfamilie ist –Tendenz steigend. Partner mit Kindern aus unterschiedlichen Beziehungen haben andere Interessen als Partner mit ausschließlich gemeinsamen Kindern. Oft ist der Eintritt der gesetzlichen Erbfolge und ein zufälliges Zusammentreffen von Erben aus unterschiedlichen Familien nicht ideal beim Tod eines Elternteils. Wo soll das Vermögen beim eigenen Tod einmal landen? Sollen alle Kinder gleich berücksichtigt oder nur die eigenen begünstigt werden? Wie gut verstehen sich die Kinder untereinander? Ist es wahrscheinlich, dass es im Erbfall zu Streitigkeiten kommt? Auf diese Bedürfnisse kann auch im Rahmen eines Patchworktestaments Rücksicht genommen werden.
Ein Patchworktestament dient der Absicherung des Partners und der Kinder. Es unterscheidet zumeist zwischen den leiblichen Kindern und denen, die der Partner mit in die Beziehung gebracht hat oder die man mit ihm gemeinsam hat.
Mit Hilfe von diversen Regelungen, die das Erbrecht vorsieht und die dann in das Testament oder den Erbvertrag eingebaut werden können, lassen sich die besonderen Interessen einer Patchwork-Familie abbilden.
Das Gesetz bietet für den Erblasser bei der Gestaltung des Testaments die Möglichkeit, den Vermögensfluss mit Hilfe einer Vor- und Nacherbschaft an den Stiefkindern vorbei über den eigenen Tod hinaus zu steuern. Hierbei wird der längerlebende Ehegatte als Vorerbe eingesetzt und die leiblichen bzw. gemeinsamen Kinder zu Nacherben bestimmt. Sichergestellt werden kann damit sowohl die Absicherung des Ehegatten als auch die der leiblichen Kinder.
Eine Alternative zu den Regelungen einer Vor- und Nacherbschaft kann auch die Kombination von Erbeinsetzungen mit Vermächtnisanordnungen Zu Erben werden in diesem Fall direkt die eigenen Kinder bestimmt. Der überlebende Ehepartner wird mit Vermächtnissen abgesichert und ggf. zusätzlich zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Die Rechtspositionen der Kinder und des Partners lassen sich aber auch tauschen. Entscheidend ist immer der konkrete Einzelfall und die individuellen Interessen der Patchwork-Familie.
Ein Patchworktestament macht Sinn, wenn man die Absicherung des Ehepartners und die der gemeinsamen Kinder im Blick hat und vermeiden möchte, dass es im Erbfall Streit innerhalb der Hinterbliebenen über die Verteilung des Nachlasses gibt. Zudem kann mit Hilfe eines Patchworktestaments die Erbfolge über mehrere Generationen gesteuert werden. Dadurch verhindert man, dass Vermögen aus dem Nachlass - beispielsweise auch über die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen - abfließt.
Ein Patchworktestament kann unterschiedliche Regelungselemente haben. Entscheidend sind immer die individuellen Interessen der betroffenen Patchwork-Familie. Sofern beide Ehepartner ein Interesse daran haben, sich gegenseitig und im Anschluss lediglich die eigenen Kinder abzusichern, ist die häufigste Umsetzungsform das Vor- und Nacherbenmodell. Hierbei wird jeweils der längerlebende Partner zum (befreiten) Vorerben und die leiblichen Kinder zu Nacherben auf dessen Tod eingesetzt. Regelungen zur Testamentsvollstreckung oder auch Vermächtnisanordnungen lassen sich zusätzlich kombinieren.
Möchten die Eheleute alle Kinder gleich berücksichtigen, kann beim ersten Erbfall auch eine gegenseitige Vollerbeneinsetzung und eine Schlusserbeneinsetzung aller Kinder erfolgen. Berücksichtigt werden muss in diesem Fall zusätzlich, dass den jeweils leiblichen Kindern beim ersten Erbfall ein Pflichtteilsanspruch zusteht. Die Gefahr der Geltendmachung lässt sich mit testamentarischen Strafklauseln oder mit Vermächtnisanordnungen zugunsten der pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge abmildern.
Beim zweiten Erbfall können sodann entweder alle Kinder zu Miterben eingesetzt werden oder aber man kombiniert die Erbeinsetzung der leiblichen Kinder mit (wertmäßig identischen) Vermächtnisanordnungen zugunsten der Stiefkinder. Auch beim zweiten Erbfall kann zudem die Anordnung einer Testamentsvollstreckung Sinn machen. Es ist auch möglich, die eigenen Kinder direkt beim ersten Erbfall zu Erben einzusetzen und den längerlebenden Partner über Vermächtnisse abzusichern.
Grundsätzlich gelten in Patchworkfamilien dieselben erbschaft- und schenkungsteuerlichen Freibeträge wie auch in anderen Familien mit Abkömmlingen. Der hohe Ehegattenfreibetrag von 500.000 EUR und alle weiteren Vergünstigungen stehen dem Partner nur aber dann zu, wenn er mit dem Erblasser verheiratet ist.
Nichteheliche Lebenspartner werden steuerlich behandelt wie fremde Dritte. Sie haben lediglich einen Freibetrag von 20.000 EUR und müssen den Erwerb von Todes wegen mit mindestens 30% versteuern. Leibliche Kinder haben einen Freibetrag von 400.000 EUR. War der verstorbene Stiefelternteil mit dem leiblichen Elternteil verheiratet, gewährt das Gesetz Stiefkindern nach dem Erblasser dieselben Freibeträge wie leiblichen Kindern. Das gilt übrigens auch dann, wenn sich die Eltern später wieder scheiden lassen.
Leiblichen Abkömmlingen, die nicht Erben werden oder zu gering von Todes wegen bedacht werden, steht im Erbfall der Pflichtteil zu. Das Pflichtteilsrisiko ist dabei umso höher, je weniger der übergangene Abkömmling aus dem Nachlass erhält. Setzen sich Eheleute mit Kindern aus unterschiedlichen Beziehungen gegenseitig zu Erben ein, werden im Erbfall die Kinder übergangen. Sie können in diesem Fall den Pflichtteil geltend machen.
Das Risiko lässt sich in Patchworkfamilien reduzieren, indem man die Kinder bereits beim ersten Erbfall über Vermächtnisse am Nachlass teilhaben lässt. Alternativ kann außerhalb des Testaments über einen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag gegen Abfindung nachgedacht werden.
Im Rahmen der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen ist es zudem ratsam, auch beim zweiten Erbfall - wenn also der Längerlebende verstirbt - Vorsorge zu treffen. Sind als Erben beim zweiten Erbfall nämlich ausschließlich die gemeinsamen Kinder eingesetzt und die Kinder aus früheren Beziehungen auf den Pflichtteil gesetzt, bezieht sich der Anspruch grundsätzlich auf alles, was der leibliche Elternteil hinterlassen hat. Hat dieser zuvor das Stiefelternteil beerbt, dann umfasst der Pflichtteil auch das ererbte Vermögen des Erstverstorbenen. Hier kann eine Vor- und Nacherbenlösung im Testament helfen. War der längerlebende Ehegatte nämlich lediglich Vorerbe, wird der ererbte Nachlass von seinem Eigenvermögen getrennt. Der Pflichtteil der Kinder aus früheren Beziehungen des Partners bezieht sich dann nur noch auf dessen Eigenvermögen.
Sie leben in einer Patchworkfamilie, möchten im Erbfall von der gesetzlichen Erbfolge abweichen und ein Testament errichten? Dann sind Sie bei uns richtig. Ihre Fachanwälte für Erbrecht in München und Stuttgart helfen Ihnen bei der Strukturierung und Abfassung Ihres Testaments. Wir erläutern Ihnen die unterschiedlichen Möglichkeiten, die das Erbrecht bei der Errichtung eins Patchworktestaments bietet. Auf Wunsch führen wir dabei auch Generationengespräche mit Ihren Familienangehörigen und allen Personen, die als Erben in Betracht kommen.
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