Häufig kann ein Erbe nach Eintritt des Erbfalls erst dann über den Nachlass verfügen, wenn er einen Erbschein vorlegt. Der Erbschein dient als Nachweis der Erbenstellung und stellt ein amtliches Zeugnis der Erbfolge dar. Insbesondere Banken, Versicherungen und Grundbuchämter verlangen meistens einen Nachweis des Erbrechts durch einen Erbschein.
Zuständig für die Erteilung des Erbscheins ist das Nachlassgericht, das ist in der ersten Instanz das Amtsgericht. Örtlich zuständig ist in der Regel das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers.
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Für die Erteilung eines Erbscheins ist stets ein Erbscheinsantrag erforderlich. Mit einem solchen Antrag wird das Erbscheinsverfahren in Gang gesetzt. Benötigt man also einen Erbschein, muss zwingend auch ein Erbscheinsverfahren betrieben werden.
Antragsberechtigt sind der Alleinerbe, der Miterbe und der Erbe des Erben (sog. Erbeserben). Darüber hinaus sind auch der Testamentsvollstrecker, der Nachlassverwalter, der Nachlassinsolvenzverwalter und der gesetzliche Betreuer eines Erben antragsberechtigt. Gläubiger des Erblassers oder eines Erben können ebenso einen Erbschein beantragen, sofern sie über eine titulierte Forderung (z.B. ein Gerichtsurteil) verfügen.
Wichtig: Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigte, Auflagenbegünstigte, Nacherben und Nachlasspfleger haben kein Antragsrecht!
Das Erbscheinsverfahren beginnt stets mit dem Antrag auf Erteilung eines Erbscheins. Dabei ist eine Beratung bzw. Vertretung durch einen Fachanwalt für Erbrecht dringend zu empfehlen, denn das Nachlassgericht ist an den Inhalt des Antrags gebunden und darf von diesem weder abweichen noch ihm nur in Teilen stattgeben.
Welche Angaben der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins enthalten muss, regelt § 352 FamFG. Zu unterscheiden ist vor allem danach, ob der gesetzliche Erbe einen Erbschein beantragt oder der gewillkürte Erbe. Das ist der Erbe, der durch Testament zum Erben eingesetzt wurde.
In der Regel müssen bestimmte Angaben eidesstattlich versichert werden. Dies ist vor einem Notar oder einem Gericht möglich. Das Nachlassgericht kann in bestimmten Fällen aber auch auf die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verzichten.
Nach Eingang des Erbscheinsantrags hat das Nachlassgericht die Pflicht, erforderliche Ermittlungen einzuleiten und gegebenenfalls Beweise zu erheben. So muss insbesondere die Echtheit eines Testaments ermittelt werden. Ist das Testament unklar und ergibt sich daraus eine Auslegungsbedürftigkeit, hat das Nachlassgericht auch die Auslegung des Testaments vorzunehmen.
Häufig wird in einem Erbscheinsverfahren über die Testierfähigkeit des Erblassers gestritten. Diese kann nur dann Gegenstand der Ermittlungspflicht des Nachlassgerichts sein, wenn sich gewisse Auffälligkeiten ergeben, die Zweifel an der Testierfähigkeit erkennen lassen. In derartigen Fällen muss die Krankengeschichte des Erblassers ermittelt werden, wozu meist die behandelnden Ärzte oder der Betreuer des Erblassers angehört werden müssen. Sicherheit über die Testierfähigkeit des Erblassers kann jedoch nur durch ein psychiatrisches Sachverständigengutachten erreicht werden.
Das Nachlassgericht ist in einem Erbscheinsverfahren verpflichtet, die beteiligten Personen anzuhören. Dies sind grundsätzlich die gesetzlichen Erben des Erblassers sowie auch die nach dem Testament als Erben in Betracht kommenden Personen. Die Beteiligten erhalten auf diesem Wege die Möglichkeit, zum Erbscheinsantrag Stellung zu nehmen. Tragen die Beteiligten Einwände vor, spricht man von einem streitigen Erbscheinsverfahren.
Das Erbscheinsverfahren endet stets durch eine Entscheidung des Nachlassgerichts. Bis dahin gibt es häufig aber auch Zwischenverfügungen des Nachlassgerichts, um dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, Verfahrensmängel zu beheben, wie z.B. fehlende Unterlagen vorzulegen.
Möchte das Nachlassgericht den beantragten Erbschein erteilen, erlässt es einen Beschluss, worin die zur Erteilung eines Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet werden. In einem streitigen Erbscheinsverfahren wird die Rechtskraft dieses Beschlusses zunächst zurückgestellt, sodass die Beteiligten sich bis zur Erteilung des Erbscheins nochmals äußern können, um die Erteilung eines unrichtigen Erbscheins zu vermeiden. Gegen einen solchen Beschluss können die Beteiligten auch Beschwerde einlegen.
Möchte das Nachlassgericht den beantragten Erbschein nicht erteilen, erfolgt eine Zurückweisung des Erbscheinsantrags durch Beschluss. Gegen die Ablehnung der Erteilung eines Erbscheins kann innerhalb einer Frist von einem Monat Beschwerde eingelegt werden.
Das Nachlassgericht kann Beschwerden abhelfen. Andernfalls ergeht ein sog. Nichtabhilfebeschluss und der Vorgang wird dem zuständigen Oberlandesgericht vorgelegt.
Eine bestimmte Dauer vom Antrag bis zur Erteilung des Erbscheins kann nicht immer prognostiziert werden. Gerade in streitigen Erbscheinsverfahren, die Beweiserhebungen erfordern, wie insbesondere Sachverständigengutachten zur Testierfähigkeit des Erblassers, ist mit einer langen Verfahrensdauer von mehreren Monaten bis hin zu mehreren Jahren zu rechnen.
Gemäß § 2353 BGB ist der Erbschein das amtliche Zeugnis des Nachlassgerichts über das Erbrecht der darin aufgeführten Person(en). Der Erbschein muss daher Angaben über den Erblasser und den bzw. die Erben enthalten. Darüber hinaus wird auch der Todeszeitpunkt des Erblassers im Erbschein bezeichnet.
Dem Erbschein können auch Angaben über die Höhe der Beteiligung des Erben am Nachlass (Erbquote) entnommen werden.
Der Erbschein enthält aber keine Angaben zum Umfang des Nachlasses. Auch sind die zum Nachlass gehörenden Gegenstände nicht im Erbschein aufzuführen.
Darüber hinaus enthält der Erbschein auch etwaige Verfügungsbeschränkungen der Erben. Insbesondere für den Fall, dass Nacherbschaft angeordnet worden ist, ist dies im Erbschein aufzuführen.
Hat der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet, ist auch dies im Erbschein aufzuführen. Der Name des Testamentsvollstreckers wird dabei jedoch nicht genannt.
Hat der Erblasser in seinem Testament Vermächtnisse oder Auflagen angeordnet, werden auch diese nicht im Erbschein aufgeführt. Dies betrifft auch Pflichtteilsansprüche. Diese werden nicht im Erbschein genannt.
Die Kosten im Erbscheinsverfahren richten sich nach dem sogenannten Gegenstandswert. Dazu ist der Wert des Nachlasses nach Abzug aller vom Erblasser herrührender Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls zu ermitteln.
Sind die Anwälte bzw. Fachanwälte für Erbrecht von ihrem Mandanten mit der Vertretung im Erbscheinsverfahren beauftragt worden, erhalten sie für diese Vertretung eine Verfahrensgebühr, die sich nach dem Gegenstandswert richtet. Kommt es in einem Erbscheinsverfahren zu einem Streit und einigt man sich mit der Gegenseite, fällt eine sogenannte Einigungsgebühr an. Kommt es in diesem Verfahren zu einem Termin, fällt zusätzlich auch eine sogenannte Termingebühr an.
Zudem können auch Notarkosten anfallen, wenn der Erbscheinsantrag notariell beurkundet wird. Zur Kostenreduzierung besteht jedoch auch die Möglichkeit, den Erbscheinsantrag zur Niederschrift des Nachlassgerichts zu erklären. Dies ist etwas günstiger.
Darüber hinaus löst das Erbscheinsverfahren auch Gerichtsgebühren aus.
Wir als Ihre Kanzlei für Erbrecht in München und Stuttgart besprechen die im Erbscheinsverfahren anfallenden Kosten stets detailliert und im Voraus mit Ihnen, sodass es bei uns keine Kostenüberraschungen gibt.
Eine wichtige Frage, die uns als Kanzlei für Erbrecht immer wieder gestellt wird: Wer trägt die Kosten des Erbscheins? Diese sind grundsätzlich vom Antragsteller zu tragen. In streitigen Fällen hat das Nachlassgericht allerdings ein Ermessen. Es kann die Verfahrenskosten einem anderen Beteiligten des Erbscheinsverfahren auferlegen. Hierzu gibt es sehr viele Gerichtsentscheidungen, die hier nicht im Einzelnen aufgeführt werden können.
Ist ein unrichtiger Erbschein erteilt worden und befindet sich dieser im Umlauf, so bedeutet dies eine erhebliche Gefahr für den Rechtsverkehr. Es stellt sich also die Frage, wie man diese beseitigen kann.
Stellt sich heraus, dass der Erbschein unrichtig ist, muss er vom Nachlassgericht von Amts wegen eingezogen werden. Ein Erbschein kann beispielsweise dann unrichtig sein, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass das vorgelegte und dem Erbschein zugrunde gelegte Testament nichtig ist oder aber Erbquoten der im Erbschein genannten Miterben unrichtig aufgeführt sind.
Mit der Einziehung wird der Erbschein kraftlos. Das Einziehungsverfahren wird von Amts wegen eingeleitet. Die Beantragung der Einziehung beim Nachlassgericht stellt rechtlich betrachtet nur eine Anregung dar, da das Gericht bei einem unrichtigen Erbschein zur Einziehung verpflichtet ist.
Wird eine Einziehung beschlossen, ist der Erbschein jedoch erst dann kraftlos, wenn alle erteilten Ausfertigungen eingezogen worden sind.
In manchen Fällen ist es (dem Nachlassgericht) nicht möglich, den Erbschein bzw. alle erteilten Ausfertigungen wiederzuerlangen, z.B. dann, wenn er sich im Ausland befindet. In diesen Fällen ist der Erbschein für kraftlos zu erklären. Dann erfolgt eine Kraftloserklärung durch das zuständige Nachlassgericht per Beschluss und dieser Beschluss wird öffentlich bekannt gemacht durch Aushang an der Gerichtstafel des Nachlassgerichts oder Veröffentlichung im Bundesanzeiger.
In manchen Fällen ist der Erbschein deshalb unrichtig, weil darin ein falscher Erbe angegeben ist. Gemäß § 2362 Abs. 1 BGB kann der wahre Erbe vom Besitzer des unrichtigen Erbscheins dann im Wege der Klage die Herausgabe des Erbscheins an das Nachlassgericht verlangen.
In streitigen Fällen kann das Erbrecht neben einem Erbscheinsverfahren auch über eine Feststellungsklage im Zivilprozess geklärt werden. Diese wird nicht vor dem Nachlassgericht als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sondern vor den Zivilgerichten (in der Regel das Landgericht) erhoben. Das Gericht prüft dann neben dem Nachlassgericht, wer Erbe geworden ist.
Der Hauptunterschied zwischen einem Erbscheinsverfahren und einer Feststellungsklage vor den Zivilgerichten besteht darin, dass ein Erbschein nicht rechtskräftig werden kann, ein im Verhältnis zwischen den Parteien ergangenes Urteil hingegen schon. Das bedeutet Folgendes: Durch die Erteilung oder Ablehnung des Erbscheins ändert sich die Erbfolge nicht, denn ein Erbschein kann wieder eingezogen werden. Gibt das Gericht hingegen einer Feststellungsklage statt, so steht im Verhältnis der beiden Prozessparteien fest, dass der Kläger Erbe geworden ist. Das Nachlassgericht ist zudem an ein rechtskräftiges Feststellungsurteil, das vor den Zivilgerichten ergangen ist, gebunden.
Der Erbschein erzeugt eine sogenannte Gutglaubenswirkung: Es wird vermutet, dass derjenige, der im Besitz eines Erbscheins ist und diesen vorlegt, auch Erbe ist. Das Urteil eines Zivilgerichts hingegen wirkt nur zwischen den Parteien des Gerichtsprozesses.
Für das Erbscheinsverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, d.h. das Nachlassgericht muss von Amts wegen die Tatsachen ermitteln. Im Feststellungsprozess hingegen gilt der sogenannte Beibringungsgrundsatz, was bedeutet, dass die Prozessparteien die wesentlichen Tatsachen selbst in das Gerichtsverfahren einbringen müssen.
Werden beide Verfahren parallel betrieben, kann das Erbscheinsverfahren ausgesetzt werden, bis eine Entscheidung im Gerichtsverfahren erfolgt ist.
Die Frage, ob das Erbrecht besser im Erbscheinsverfahren oder besser im Zivilprozess geklärt wird, lässt sich nur nach individueller Prüfung des Einzelfalls beantworten. Hierbei ist es zwingend notwendig, dass Sie auf erfahrene Fachanwälte für Erbrecht setzen.
Das Erbscheinsverfahren weist viele Besonderheiten auf, weshalb es stets von einem Fachmann betrieben werden sollte, der den Ablauf eines Erbscheinsverfahrens genau kennt. Nur dadurch ist gewährleistet, dass alle Fristen, Rechtsmittel und Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die Ihrem Vorteil dienen.
Möchten Sie gegen einen bereits erteilten Erbschein vorgehen, sollten Sie sich ebenso zwingend von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten lassen.
Zudem bietet es sich in vielen Fällen an, sich von einem Fachanwalt für Erbrecht zu der Frage beraten zu lassen, ob es besser ist, ein Erbscheinsverfahren oder einen Prozess vor den Zivilgerichten zu betreiben. Manchmal erscheint es auch notwendig, beide Verfahren gleichzeitig zu betreiben.
Lassen Sie sich in all diesen Fragestellungen gerne durch uns als Ihre Kanzlei für Erbrecht in München und Stuttgart beraten. Wir verfügen über eine Menge Erfahrung in (streitigen) Erbscheinsverfahren und in Gerichtsverfahren zur Feststellung des Erbrechts. Wichtig ist uns hierbei wie immer: Wir sprechen vorher über die Kosten und klären Sie genau über Kostenrisiken auf.
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