Gut ein Drittel aller Ehen in Deutschland wird geschieden. Vor diesem Hintergrund gilt es, Vorsorge zu treffen dafür, dass der geschiedene Ehegatte im Erbfall keinen Zugriff auf den Nachlass erhält.
Ein Geschiedenentestament ist sinnvoll, wenn dem Erblasser die Steuerung des Vermögensflusses nach seinem Erbfall am Herzen liegt und wenn er sicherstellen möchte, dass der geschiedene leibliche Elternteil der gemeinsamen Kinder keinen Zugriff auf den Nachlass erhält.
Im Normalfall steht dem geschiedenen Ehegatten kein gesetzliches Erbrecht zu. Das gilt zumindest dann, wenn die Scheidung rechtskräftig ist und einem möglicherweise früher errichtetes Ehegattentestament nicht ausnahmsweise ein sog. Aufrechterhaltungswille auch nach (oder vielmehr trotz) der Scheidung zu entnehmen ist.
Leben die Eheleute aber getrennt und sind die Scheidungsvoraussetzungen (noch) nicht gegeben – z. B., weil das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen ist – behalten die Noch-Eheleute zunächst ihre gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsansprüche.
Will man auf Nummer sicher gehen und den geschiedenen Ex in jedem Fall enterben, empfiehlt sich die Errichtung eines neuen, ihn enterbenden Testaments und die Einsetzung anderer Personen als Erben.
Lediglich der Pflichtteilsanspruch bleibt allerdings für denjenigen der Eheleute, der keinen Scheidungsantrag gestellt oder dem Antrag des anderen nicht zugestimmt hat, bis zur Rechtskraft der Scheidung bestehen. Abhilfe kann hier nur ein ebenfalls notariell zu beurkundender freiwilliger Pflichtteilsverzicht schaffen.
Haben die Eheleute einen bindenden Erbvertrag errichtet, sollte dieser zuvor widerrufen oder von vorbehaltenen Rücktrittsrechten Gebrauch gemacht werden. Der geschiedene Ex kann auch über gemeinsame Kinder an das Vermögen gelangen. Das ist dann der Fall, wenn die Kinder Erben oder Vermächtnisnehmer werden und dann selbst versterben. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass der geschiedene Ex-Partner die Kinder beerbt und damit auch in den Genuss des eigenen Vermögens kommt. Verhindert werden kann das durch die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft. Werden die Kinder zwar Erben, aber als Vorerben eingesetzt, geht der Nachlass beim Tod des Kindes an den Nacherben, den der ursprüngliche Erblasser selbst bestimmt hat. Der Ex-Partner erbt dann allenfalls noch das Eigenvermögen des Kindes, nicht aber das Vorerbe.
Möglich ist es alternativ auch, gemeinsame Kinder zunächst als Vollerben einzusetzen. In diesem Zuge kann man aber für den Fall des Vorversterbens des Kindes vor dem geschiedenen leiblichen Elternteil anordnen, dass alles, was bei ihm aus dem ursprünglichen Erbe noch vorhanden ist, im Wege eines Vermächtnisses an einen Dritten herausgegeben werden muss. Auch auf diese Weise kann verhindert werden, dass Vermögenswerte dem Ex-Partner zufließen.
Vorsicht ist geboten, wenn beide Eheleute zuvor miteinander ein bindendes Ehegattentestament oder einen Erbvertrag errichtet haben. Ist das der Fall, müssen diese Verfügungen zunächst förmlich widerrufen werden, ehe jeder Partner ein neues Einzeltestament wirksam abfassen kann.
Der Widerruf muss nach den Bestimmungen des BGB in notarieller Form geschehen und dem anderen Ehegatten muss die Ausfertigung des Widerrufs zugestellt werden. Meist wird dazu ein Gerichtsvollzieher eingeschaltet. Möglich ist es auch, bereits in guten Zeiten im Rahmen eines Ehegattentestaments festzulegen, dass das gemeinschaftliche Testament im Trennungsfall bereits vor Rechtskraft der Scheidung hinfällig sein soll, wenn nur die Scheidungsvoraussetzungen vorliegen. Haben Eheleute eine solche Regelung getroffen, ist jeder einzelne ohne einen gesonderten notariellen Testamentswiderruf bereits ab dem testamentarisch festgelegten früheren Zeitpunkt wieder frei, ein neues Testament zu errichten und den Ex-Partner zu enterben.
Haben die Eheleute gemeinsame minderjährige Kinder, kann im Rahmen eines Geschiedenentestaments angeordnet werden, dass dem geschiedenen leiblichen Elternteil die Vermögenssorge über das ererbte Vermögen des Kindes entzogen wird. Stattdessen soll eine andere Vertrauensperson das ererbte Vermögen bis zum Eintritt der Volljährigkeit verwalten. Kombiniert werden kann diese Verfügung mit einer Minderjährigentestamentsvollstreckung, die auch über die Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes hinaus angeordnet werden kann. Auf diese Weise kann die Einflussnahme des geschiedenen Elternteils auf den Nachlass minimiert werden.
Testamente in Form von Geschiedenentestamenten sind auch für ehemalige eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner sinnvoll. Inhaltlich bestehen keine Unterschiede zu heterosexuellen geschiedenen Paaren.
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