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16. August 2017

Pflegefreibetrag für Alle - Kinder, die ihre Eltern pflegen, können nach deren Tod künftig den Pflegefreibetrag bei der Erbschaftsteuer absetzen

Pflegefreibetrag für Alle - Kinder, die ihre Eltern pflegen, können nach deren Tod künftig den Pflegefreibetrag bei der Erbschaftsteuer absetzen

Im Erbfall sieht das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) neben den allgemeinen Freibeträgen (400.000 € nach jedem Elternteil und pro Kind) einen besonderen Pflegefreibetrag bis zu 20.000 € vor. Hat der Erbe den Verstorbenen unentgeltlich gepflegt, kann er die Steuerbefreiung für sich in Anspruch nehmen.

Die Regelung soll ein freiwilliges Opfer von pflegenden Personen honorieren bzw. außerhalb vertraglicher oder gesetzlicher Verpflichtungen erbrachte Pflegeleistungen steuerlich begünstigen. Das geht einher mit dem erhöhten Bedarf, den der demographische Wandel nach sich zieht: Nach den Feststellungen des statistischen Bundesamts wurden im Jahr 2015 von insgesamt 2,9 Millionen pflegebedürftigen Personen 1,38 Millionen Menschen zu Hause von Angehörigen versorgt (Quelle: statistisches Bundesamt, Pflegestatistik 2015, erschienen am 16.01.2017, abrufbar unter: www.destatis.de).

Nach bisheriger Rechtslage konnten allerdings Kinder, die ihre Eltern bis an deren Lebensende gepflegt hatten, im Erbfall den Freibetrag nicht beanspruchen. Grund hierfür war, dass das im Zivilrecht verankerte Familienrecht zunächst einmal eine Verpflichtung der Kinder gegenüber ihren hilfsbedürftigen Eltern zur Zahlung von Unterhalt vorsieht. Wenn - so die Argumentation der Finanzämter - der Pflegefreibetrag im Erbfall nur altruistisch (also freiwillig) handelnden Personen zugestanden werden sollte, könnten ihn Kinder niemals erhalten, weil sie ohnehin zum Unterhalt gegenüber ihren Eltern verpflichtet seien.

Unterhaltspflicht führt nicht zur generellen "Pflegepflicht"

Dieser Auffassung hat nun der Bundesfinanzhof widersprochen und den Pflegefreibetrag im Erbfall auch Kindern gewährt, die ihre hilfsbedürftigen Eltern vor deren Tod gepflegt hatten. Kinder haben nach den Ausführungen der Münchner Richter auch deshalb Anspruch auf den Pflegefreibetrag, weil der Gesetzgeber "ein freiwilliges Opfer der pflegenden Person" honorieren und die steuerliche Berücksichtigung von Pflegeleistungen verbessern wolle. Die gesetzliche Unterhaltspflicht steht dem Pflegefreibetrag also nicht entgegen.

Der Bundesfinanzhof entschied zudem, dass der Begriff "Pflege" grundsätzlich weit auszulegen ist. Er umfasst danach "die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person". Es ist auch nicht notwendig, dass für den Vererbenden eine Pflegestufe bzw. ein Pfleggrad nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) festgestellt worden war.

Die Höhe des Freibetrags bestimmt sich dem Urteil zufolge nach den Umständen des Einzelfalls. Danach können Vergütungssätze von Pflegedienstleistern als Vergleichsgröße herangezogen werden. Bei langjährigen, intensiven und umfassenden Pflegeleistungen kann der Freibetrag auch ohne Einzelnachweis vollumfänglich gewährt werden.

Das Urteil ist für Erben von großer praktischer Bedeutung

Üblicherweise werden freiwillige Pflegeleistungen innerhalb der Familie, insbesondere von Kindern gegenüber ihren Eltern erbracht. Daher sollte in sämtlichen Erbfällen geprüft werden, ob der "Pflegefreibetrag" in Betracht kommt. Denn gerade derjenige Angehörige, der sich gegenüber dem künftigen Erblasser altruistisch verhält, wird vom Erblasser regelmäßig Vermögenswerte erhalten.

Giuseppe Pranzo Giuseppe Pranzo
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