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20. April 2022

Erblasser auf dem Holzweg: Formvorschriften bei der Testamentserrichtung

Erblasser auf dem Holzweg: Formvorschriften bei der Testamentserrichtung

Die Kreativität mancher Menschen bei der Errichtung ihres Testaments erstaunt in der anwaltlichen Praxis immer wieder. Nicht selten lassen die abenteuerlichsten Formulierungen selbst dem im Erbrecht erfahrenen Juristen die Haare zu Berge stehen. Nicht nur der Inhalt, sondern auch die äußere Form mancher Testamente verblüfft oft angesichts der weitreichenden Bedeutung eines letzten Willens.

In diese Reihe von skurrilen Fällen fällt die Entscheidung des AG Köln (Beschluss vom 25.05.2020 – 30 VI 92/20).

In dem zu entscheidenden Fall hat ein Mann mehrere Testamente errichtet, in denen er zunächst seinen Bruder als seinen alleinigen Erben einsetzte. Mit einem weiteren Testament schloss er seinen Bruder von der Erbfolge aus und setze eine Bekannte als Alleinerbin ein. Das Erstaunliche war dabei, dass er seinen letzten Willen mit einem Filzstift auf die Tischplatte eines Holztisches geschrieben hatte.

Testament auf Schiefertafel, Kohlepapier oder Zellenwand

Das Gericht stellte im vorliegenden Fall keine all zu hohe Anforderungen an das verwendete Material der Testamentsurkunde. Das Tischplattentestament war wirksam. Anerkannt durch die Rechtsprechung ist insoweit auch der letzte Wille auf Glas, einer Schiefertafel oder Kohlepapier und sogar auf der Zellenwand einer Strafanstalt.

Auf welchem Material der letzte Wille festgehalten wird, spielt für die Gültigkeit des Testaments somit keine Rolle.

Testament auf Notizzettel oder Bierdeckel

Voraussetzung für die Errichtung eines eigenhändigen Testamentes ist allerdings, dass es eigenhändig (also handschriftlich) verfasst und persönlich unterschrieben werden muss. Auch das sogenannte „Notizzetteltestament“ wird grundsätzlich als wirksam anerkannt, sofern es der Erblasser mit seiner Unterschrift versehen hat. Wird allerdings ein sehr ungewöhnlicher Stoff oder Platz für ein eigenhändiges Testament gewählt, kann dies auch lediglich auf das Vorliegen eines Entwurfs hindeuten, wie beispielswiese die Kritzelei auf einem Bierdeckel, einem Briefumschlag, einem Kalenderblatt. Die Ernsthaftigkeit der Errichtung muss dann zumindest angezweifelt werden. Auch in dem Eintrag in ein Notiz- oder Tagebuch kann allerdings die Errichtung eines Testaments gesehen werden. Das gilt zumindest dann, wenn ein ernsthafter Testamentserrichtungswille nachgewiesen werden kann.

Persönliche Unterschrift auf der Testamentsurkunde

Auf welchem Material der letzte Wille niedergeschrieben wird, steht dem Erblasser also völlig frei, solange dabei nur sein ernstlicher Wille zum Ausdruck kommt, tatsächlich ein Testament errichten zu wollen. Nach Gesetz muss ein Testament allerdings zwingend eigenhändig geschrieben und unterschrieben worden sein. Die Unterschrift am Ende soll als Abschluss der Urkunde den Eindruck der Geschlossenheit und Endgültigkeit des Erblasserwillens vermitteln. Fehlt es an einer dieser Vorschriften, ist das Testament unabhängig vom Vorliegen der weiteren Voraussetzungen unwirksam.

In dem von dem AG Köln zu entscheidenden Fall scheiterte die Wirksamkeit des Testaments also nicht an der höchst ungewöhnlichen Schreibunterlage. Ein Problem war vielmehr, dass der Erblasser sein begonnenes Werk nicht zu Ende gebracht hat – es fehlte seine Unterschrift.

Wie die Entscheidung zeigt, sind keine gesteigerten Anforderungen an das Material eines Testamentes gesetzt – der Kreativität sind dabei also (fast) keine Grenzen gesetzt, solange die sonstigen Formvorschriften eingehalten worden sind.

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Giuseppe Pranzo Giuseppe Pranzo
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