Viele Kinder und Enkel werden zu Lebzeiten von ihren Eltern oder Großeltern mit nicht unerheblichen Vermögenswerten beschenkt.
Vielfach verbreitet ist das Vorgehen, dass die lieben Angehörigen bereits zu Lebzeiten mit „warmer Hand“ beschenkt werden. Da wird noch schnell die Eigentumswohnung übertragen, hohe Geldbeträge überwiesen und hastig wertvolle Familienstücke an die nächste Generation übergeben. Der Schenker hat eine Sorge weniger, die Beschenkten freuen sich und ganz nebenbei spart man dabei auch noch Steuern. Was will man mehr?
Doch Obacht – ganz folgenlos bleibt eine lebzeitige Übertragung von Vermögen manchmal nicht! Diese hat nach dem Erbfall oftmals nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf die Hinterbliebenen, die vielen Menschen nicht bewusst sind und die im schlimmsten Fall auch so nicht gewollt sind.
Zwar kann jeder zu Lebzeiten grundsätzlich frei über sein eigenes Vermögen verfügen und dieses auf andere übertragen. Das Gesetz setzt dem Schenker aber dort Grenzen, wo gleichberechtigte Miterben benachteiligt werden oder der Anteil eines Pflichtteilsberechtigten durch großzügige Geschenke des Erblassers nahezu ausgehöhlt wird.
Es kann zum Beispiel nicht angehen, dass die eine Schwester zu Lebzeiten von den Eltern mit Geschenken überhäuft wird, wodurch der gesamte Nachlass geschmälert wird, während die andere – gesetzlich gleichgestellte – Schwester lediglich auf ihren Erbteil verwiesen wird und nur ein kleines Stück vom restlichen im Erbfall noch vorhandenen Vermögenskuchen bekommt. Das Gesetz unterstellt Eltern nämlich grundsätzlich den guten Willen, dass sie ihre Kinder gleichbehandeln wollen.
§ 2050 Abs. 1 BGB sieht daher eine Ausgleichungspflicht unter Abkömmlingen vor, die gleichzeitig auch gesetzliche Erben sind. Häufig betrifft dies den Fall von Kindern, die zu Lebzeiten eine sogenannte Ausstattung von den Eltern erhalten haben. Darunter fällt die Unterstützung zur Begründung einer Selbstständigkeit, der Zuschuss zur Berufsausbildung oder auch die Aussteuer anlässlich einer Hochzeit. Sofern der Erblasser dies zu Lebzeiten im Zeitpunkt der Zuwendung so bestimmt, muss das begünstigte Kind aber auch sonstige Zuwendungen, die nicht unter den Begriff der Ausstattung fallen, im Erbfall mit seinen Geschwistern ausgleichen.
Das ist nicht immer so. Existiert ein Testament, hat die Testierfreiheit des Erblassers insoweit Vorrang. Wenn der Lieblingssohn hier zu Lebzeiten nach und nach den elterlichen Fuhrpark übereignet bekommen hat und dies dem Willen des Erblassers entspricht, so ist dies grundsätzlich auch ohne eine entsprechende Ausgleichspflicht gegenüber den Geschwistern möglich, sofern eine solche nicht ausdrücklich bei der lebzeitigen Zuwendung vertraglich vereinbart wurde.
Auch der Pflichtteilsberechtigte kann zu Lebzeiten von Schenkungen des Erblassers profitieren. Nach § 2315 BGB schmälert sich der Pflichtteilsanspruch dann aber um den Wert der vom Erblasser lebzeitig erhaltenen Zuwendung, sofern diesbezüglich eine entsprechende Bestimmung durch den Erblasser getroffen wurde. Die Anrechnung ist nicht auf Abkömmlinge beschränkt, sondern gilt für sämtliche Pflichtteilsberechtigte gleichermaßen.
Die Zuwendungen unter Abkömmlingen können sich wie bei der gesetzlichen Erbfolge auch im Pflichtteilsrecht auswirken. Aus diesem Grund gibt es mit § 2316 BGB auch im Pflichtteilsrecht eine entsprechende Regelung zur Ausgleichungspflicht. Derjenige Abkömmling, dem bereits zu Lebzeiten durch den Erblasser ein Vermögenswert zugewendet wurde, muss diese Zuwendung im Verhältnis zu anderen Abkömmlingen auch auf Pflichtteilsebene ausgleichen.
Übrigens geht der Pflichtteilsberechtigte auch nicht leer aus, wenn der Erblasser zu Lebzeiten das Familienvermögen verpulvert, in dem er dieses getrost an Dritte verteilt, nur um die Angehörigen um ihren Pflichtteil zu prellen.
Dieser Plan dürfte in der Regel nicht aufgehen, da der Pflichtteil dem Berechtigten die gesetzliche Mindestteilnahme am Nachlass garantiert. Diese darf auch nicht durch lebzeitige Zuwendungen des Erblassers ausgehöhlt werden. Das Gesetz sieht auch in diesem Fall einen Schutz des Pflichtteilsberechtigten vor, dem dann nach § 2325 BGB ein sogenannter Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht. Zu beachten ist hierbei, dass nicht alle Schenkungen des Erblassers, die dieser sein ganzes Leben lang getätigt hat, berücksichtigt werden können. Der Anspruch ist vielmehr regelmäßig auf solche Schenkungen begrenzt, die binnen der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall erfolgt sind. Pro Jahr, das die Schenkung zurückliegt, dürfen 10% der Schenkung zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten in Abzug gebracht werden. Von dieser Zehnjahresfrist gibt es allerdings zahlreiche Ausnahmen. So sind beispielsweise Schenkungen unter Ehegatten immer zu Gunsten des Pflichtteilsberechtigten zu berücksichtigen, genauso wie Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt.
Im Einzelnen kann es ohne entsprechende Regelung des Erblassers im Nachgang mitunter sehr schwer zu ermitteln sein, ob der Erblasser eine Ausgleichung der Zuwendung auf den Erb- oder Pflichtteil, eine Anrechnung auf den Pflichtteil oder gar beides gewollt hat.
Es lohnt sich bereits zu Lebzeiten vorausschauend zu handeln und über die Ausgestaltung der vertraglichen Details nachzudenken.
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