Hat der Erblasser seine Erben nicht durch Verfügung von Todes wegen bestimmt, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Dies gilt unabhängig davon, ob der Verstorbene dies wollte oder nicht.
Die gesetzliche Erbfolge legt fest, in welcher Reihenfolge die Verwandten des Verstorbenen diesen beerben. Sie ist in den §§ 1924 ff. BGB geregelt. Daneben ist das Erbrecht des Ehegatten, das sogenannte Ehegattenerbrecht, in § 1931 BGB geregelt.
Die gesetzliche Erbfolge ist immer der gewillkürten Erbfolge untergeordnet. Von der gewillkürten Erbfolge spricht man dann, wenn der Erblasser eine Verfügung von Todes wegen, also ein Testament oder einen Erbvertrag, erstellt hat. Es kann aber auch in anderen Fällen zur gesetzlichen Erbfolge kommen, beispielsweise durch ein nichtiges Testament oder durch Testierunfähigkeit des Erblassers während der Erstellung der Verfügung von Todes wegen. Eine Beratung durch RechtsanwältInnen für Erbrecht ist bei der Frage der sinnvollen Regelung der Erbfolge dringend anzuraten.
Die gesetzliche Erbfolge gilt immer nur dann, wenn
Leider kommt der letztgenannte Fall, dass eine Verfügung von Todes wegen keine Erbeinsetzung enthält, in der Praxis nicht selten vor. Gerade dann, wenn der Erblasser sein Testament ohne fachkundige Beratung durch FachanwältInnen für Erbrecht erstellt hat, wird dies häufig schlicht vergessen oder aber nicht klar genug geregelt. Aus einem Testament sollte sich aber immer klar ergeben, wer Erbe ist und wer nur einzelne Gegenstände erhält, ohne Erbe zu sein (sogenanntes Vermächtnis).
Die gesetzliche und die gewillkürte Erbfolge schließen sich im Übrigen nicht stets vollständig aus. Es ist in bestimmten Fällen auch möglich, dass die gesetzliche Erbfolge neben der gewillkürten Erbfolge zur Anwendung gelangt, und zwar stets dann, wenn der Erblasser in seiner Verfügung von Todes wegen nur einen Teil seines Nachlasses regelt. Dann tritt bezüglich des nicht geregelten Teils seines Nachlasses gesetzliche Erbfolge ein. Die gesetzliche Erbfolge kann trotz Vorhandensein einer Verfügung von Todes wegen zudem auch dann eintreten, wenn die testamentarisch vorgesehenen Erben die Erbschaft ausschlagen.
Wir als Ihre Kanzlei für Erbrecht in München und Stuttgart raten Ihnen allerdings, den Nachlass stets vollständig testamentarisch zu regeln. Wir stehen Ihnen bei allen Fragen zur gesetzlichen Erbfolge gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Die gesetzliche Erbfolge basiert auf dem Parentelsystem: Die mit dem Verstorbenen näher Verwandten schließen entferntere Verwandte aus.
Unter Zugrundelegung dieses Prinzips werden verschiedene Ordnungen gebildet, was auch als "Ordnungsprinzip" bezeichnet wird. Dabei ergeben sich 5 Ordnungen:
Ein Verwandter ist gemäß § 1930 BGB nicht erbberechtigt, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist. Sind demnach beispielsweise Erben erster Ordnung vorhanden, werden alle übrigen Verwandten von der Erbfolge ausgeschlossen. Existiert wiederum kein Verwandter der ersten Ordnung, so sind die Verwandten der zweiten Ordnung erbberechtigt. Verwandte der dritten Ordnung sind erst dann zu gesetzlichen Erben berufen, wenn kein Verwandter der zweiten Ordnung mehr vorhanden ist usw.
Der gesetzlichen Erbfolge liegt auch das sogenannte Repräsentationsprinzip zugrunde: Innerhalb einer Ordnung schließt ein zur Zeit des Erbfalls lebender Verwandter alle durch ihn mit dem Erblasser verwandten Personen aus. Hinterlässt der Erblasser also beispielsweise Sohn und Enkel, so schließt der überlebende Sohn den durch ihn mit dem Erblasser verwandten Enkel aus.
Zusammengefasst lässt sich die gesetzliche Erbfolge wie folgt darstellen:
1. Ordnung | Kinder, Enkel, Urenkel usw. des Erblassers |
2. Ordnung | Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten des Erblassers sowie deren Kinder |
3. Ordnung | Großeltern, Onkel und Tante, Cousine und Cousin des Erblassers sowie deren Kinder und Kindeskinder |
4. Ordnung | Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge |
5. Ordnung | Ururgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge |
Da Erbfälle innerhalb der ersten beiden Ordnungen am häufigsten vorkommen, sollen diese beispielhaft dargestellt werden:
Der verstorbene E hinterlässt einen Sohn S1, der zwei eigene Kinder hat, die Enkelkinder des Erblassers K1 und K2. Daneben hinterlässt der verstorbene E einen weiteren Sohn S2.
Da S1 zum Zeitpunkt des Erbfalls noch am Leben ist, schließt er seine Kinder K1 und K2 von der Erbfolge aus. Da gemäß § 1924 Absatz 4 BGB Kinder zu gleichen Teilen erben, wird E von seinen Kindern S1 und S2 jeweils zur Hälfte beerbt. S1 und S2 bilden eine Erbengemeinschaft.
Der Erblasser E verstirbt und hinterlässt seine beiden Eltern M und V sowie einen Bruder B und eine Schwester S.
Leben zur Zeit des Erbfalls beide Elternteile, so erben sie gemäß § 1925 Absatz 2 BGB allein und zu gleichen Teilen. Der Erblasser E wird also von seinem Vater V und von seiner Mutter M zu gleichen Teilen, also jeweils zur Hälfte, beerbt. V und M bilden eine Erbengemeinschaft.
Wäre in diesem Beispielsfall die Mutter M vor dem Erblasser verstorben, würden an deren Stelle die Geschwister des Erblassers B und S treten. Dann würde der Erblasser von seinem Vater V zur Hälfte und von seinen beiden Geschwistern B und S mit einem Erbteil von jeweils ¼ beerbt werden.
Das Ehegattenerbrecht ist in § 1931 BGB geregelt. Die Höhe des Erbteils des Ehepartners ist dabei zum einen abhängig vom Güterstand, in dem er mit dem Erblasser gelebt hat. Zum anderen kommt es darauf an, neben welchen Verwandten des Erblassers er gesetzlicher Erbe wird.
Der überlebende Ehepartner ist zudem nur dann erbberechtigt, wenn er im Zeitpunkt des Erbfalls noch mit dem Erblasser verheiratet war. Wurde die Ehe vor dem Tod des Erblassers geschieden, ist der Ex-Ehepartner nicht mehr erbberechtigt. Stirbt der Erblasser hingegen während eines anhängigen Scheidungsverfahrens, ist das Erbrecht des überlebenden Ehepartners gemäß § 1933 BGB dann ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.
Hinterlässt der Erblasser neben seinem Ehegatten Erben erster Ordnung, erbt der Ehepartner 1/4. Neben Verwandten der zweiten Erbordnung oder neben Großeltern ist der Ehegatte zur Hälfte als Erbe berufen. Treffen mit Großeltern Abkömmlinge von Großeltern zusammen, so erhält der Ehegatte auch von der anderen Hälfte den Anteil der Abkömmlinge.
Sind weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte gemäß § 1931 Absatz 2 BGB die ganze Erbschaft.
Neben Erben der vierten Ordnung ist der überlebende Ehegatte zum Alleinerben berufen.
Daneben ist der Güterstand, in dem die Ehegatten vor dem Tod des Erblassers lebten, für das gesetzliche Erbrecht von Bedeutung. Lebten die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so erhöht sich der gesetzliche Erbteil des Ehegatten um 1/4. Ehegatten leben automatisch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie keinen Ehevertrag geschlossen haben.
Erblasser E verstirbt und hinterlässt seine Ehefrau F sowie zwei Kinder K1 und K2. Die Ehegatten lebten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. F erbt hier neben Abkömmlingen, also Erben erster Ordnung. Der Erbteil von F beträgt 1/4 + 1/4 = 1/2. Die zweite Hälfte teilen sich K1 und K2, sie erben somit jeweils 1/4.
Die Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehegatten um 1/4 wird als sogenannte erbrechtliche Lösung bezeichnet. Daneben hat der überlebende Ehepartner auch die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen und dafür den konkret berechneten Zugewinnausgleich sowie den Pflichtteil zu verlangen, sogenannte güterrechtliche Lösung. Welche Lösung für den überlebenden Ehepartner sinnvoller ist, muss genau ausgerechnet werden. Eine Beratung durch FachanwältInnen für Erbrecht ist hier unerlässlich.
Haben die Ehegatten einen Ehevertrag geschlossen und den Güterstand der Gütertrennung vereinbart, ist § 1931 Absatz 4 BGB zu beachten: Sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen. Das heißt, der Ehegatte erbt dann neben einem Kind die Hälfte, neben zwei Kindern 1/3. Bei mehr als zwei Kindern beträgt die Höhe des Erbteils stets 1/4, und zwar unabhängig davon, um welche Anzahl von Kindern es sich dann handelt. Die Kinder teilen sich dann 3/4 des Nachlasses.
Haben die Ehegatten in einem Ehevertrag den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart, führt dies grundsätzlich nicht zu einer Veränderung der eben genannten Erbquoten.
War der Erblasser nicht verheiratet, sondern lebte er in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, dann erbt der Lebensgefährte ohne Testament nichts. Denn es gibt kein gesetzliches Erbrecht des Lebensgefährten!
Nicht zu verwechseln und von der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zu unterscheiden ist die eingetragene Lebenspartnerschaft. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ermöglichte von 2001 bis September 2017 zwei Menschen gleichen Geschlechts die Begründung einer Lebenspartnerschaft. Eingetragene Lebenspartner sind Ehepartnern auch erbrechtlich gleichgestellt.
Hier kann man sich Folgendes merken:
Leben zur Zeit des Erbfalls beide Eltern, so erben sie allein und zu gleichen Teilen, somit mit einem Erbteil von jeweils 1/2.
Erst dann, wenn zur Zeit des Erbfalls der Vater oder die Mutter nicht mehr leben, treten an die Stelle des verstorbenen Elternteils die Geschwister. Sind keine Geschwister vorhanden, erbt der überlebende Elternteil allein.
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Geschwister kein gesetzliches Pflichtteilsrecht haben. Greift die gesetzliche Erbfolge also deshalb nicht, weil der Erblasser ein Testament erstellt und seine Geschwister enterbt hat, können diese keinen Pflichtteil geltend machen.
Die gesetzliche Erbfolge dient in erster Linie den Interessen der nächsten Verwandten, das Vermögen in der Familie zu erhalten.
Hat der Erblasser kein Testament oder keinen Erbvertrag erstellt, gilt die gesetzliche Erbfolge. Die gewillkürte Erbfolge ist also stets vorrangig.
Es ist den meisten Erblassern nicht anzuraten, es auf die gesetzliche Erbfolge ankommen zu lassen. Vor allem dann, wenn der Erblasser von mehreren Personen beerbt wird, entsteht eine Erbengemeinschaft. Innerhalb einer Erbengemeinschaft kann die Verteilung des Nachlasses nur einstimmig erfolgen. Zudem ist die Erbengemeinschaft sehr streitanfällig.
Unsere AnwältInnen für Erbrecht in unserer Kanzlei für Erbrecht in München und Stuttgart beraten Sie gerne, wie Sie Ihre Vermögensnachfolge am besten regeln und ob die gesetzliche Erbfolge für Sie richtig ist. Aber auch dann, wenn der Erbfall bereits eingetreten ist und Sie Fragen zur gesetzlichen Erbfolge haben, stehen wir Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.
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