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16. September 2021

Von Wurst und schwarzen Schafen oder Die Tücken der Pflichtteilsentziehung

Rechtanwalt Giuseppe Pranzo unterhält sich mit klienten und macht sich notizen

Die eigene Verwandtschaft kann man sich bekanntlich nicht aussuchen. Bedauerlicherweise macht diese triviale Lebensweisheit auch vor den eigenen Kindern bzw. Eltern nicht halt: Angesichts dessen besteht vielfach das Bedürfnis, insbesondere diejenigen im Todesfall zu bedenken, denen man im Leben besonders verbunden war. Dass dies nicht notwendigerweise die nächsten Angehörigen zu gleichen Teilen sind, lehrt die allgemeine Lebenserfahrung.

Wenn der juristische Laie dann aber annimmt, das unliebsame Kind oder der in Ungnade gefallene Ehegatte sei schnell „enterbt“, indem man ihn im Testament schlicht unerwähnt oder unter Angabe von persönlichen Gründen unbedacht lässt, so irrt er ganz gewaltig.

Die rechtssichere Umsetzung des eigenen letzten Willens, die gesetzlich berechtigten Erben von der Teilhabe am Nachlass auszuschließen, birgt erhebliche juristische Fallstricke: Über einen fiel auch ein enttäuschtes Metzgerehepaar, das den eigenen Sohn gerne sämtlicher Erbansprüche enthoben hätte, weil es ihn der jahrelangen unberechtigten Wurstwegnahme für schuldig befand (so Gegenstand einer Entscheidung des Amtsgerichts Mosbach vom 31.1.2ß14, Az. 2 O 182/13).

Pflichtteilsentziehung – wie geht das?

Eine solche rechtsbeständig ins Werk zu setzen, ist kein Leichtes: Das bürgerliche Recht bezweckt im Grundsatz nämlich den Schutz der nächsten Verwandten eines Erblassers. Den Eltern, dem Ehegatten sowie den Abkömmlingen eines Erblassers steht so von Gesetzes wegen ein Pflichtteil am Nachlass zu, sofern er durch letztwillige Verfügung des Erblassers von der Erbfolge gänzlich ausgeschlossen oder auch nur unzureichend bedacht wurde. Dieser Pflichtteil bemisst sich nach der Hälfte des gesetzlich vorgesehenen Erbteils und kann so, je nach Umfang des Nachlasses, durchaus erheblich sein. Vor allem aber stellen drohende Pflichtteilsansprüche die Erben vor unangenehme Herausforderungen: Es droht die Zerschlagung des Vermögens, um Pflichtteilsberechtigte „auszuzahlen“. Der Familienstreit geht in die nächste Generation.

Der Pflichtteil – die verfassungsrechtlich garantierte Mindestteilhabe am Nachlass

Gleichzeitig sind die Hürden, diesen verfassungsrechtlich geschützten „Minimalanspruch“ der nächsten Angehörigen in Gänze auszuschließen, hoch. Eine möglicherweise unlauter ausgelebte Vorliebe für Fleischwurst und anderer Leckereien aus dem elterlichen Betrieb genügt nach der Rechtsprechung jedenfalls nicht:

Für die berechtigte Entziehung des Pflichtteils verlangt der Gesetzgeber stattdessen schwerwiegende Verfehlungen des Pflichtteilsberechtigten, sodass eine Teilhabe am Nachlass des Erblassers schlichtweg unzumutbar ist. Dies wird angenommen, wenn das Eltern-Kind-Verhältnis grob missachtet und der Erblasser schwer gekränkt wurde. Ob dies zutrifft, ist Frage des Einzelfalles und als solche besonders streitanfällig.

Totalenterbung

Exemplarisch dürften folgende Fehltritte ausreichen: Der geizige Vater enthält dem stets strebsamen, aber (noch) mittellosen Studentensohn aus purer Böswilligkeit den geschuldeten Unterhalt vor. Die abtrünnige Tochter, sitzt eine langjährige Haftstrafe ab, nachdem sie sich, letztlich mäßig erfolgreich, im Drogenimport betätigt hatte. Oder zu guter Letzt: Der hinterhältige Sohn verfeinert, das liebevoll zubereitete Mittagsmahl seiner Mutter mit Rattengift, um schneller an sein Erbe zu gelangen.

Derartige schwarze Schafe tummeln sich glücklicherweise in den wenigsten Familien. Sollte dies doch einmal der Fall sein, so droht die bezweckte Pflichtteilsentziehung schnell am Fehlen der erforderlichen Form zu scheitern. Das Testament muss eine ausführliche Darlegung der Gründe des Pflichtteilsentzugs enthalten. Ansonsten fehlt dem später befassten Richter die Bewertungsgrundlage, um sich mit der Schwere der Verfehlung auseinander setzen zu können.

Pflichtteilsentziehung per Testament oder zu Lebzeiten?

Sind dem künftigen Erblasser angesichts dieser hohen Hürden die Hände gebunden? Die Frage ist mit einem klaren „Jein“ zu beantworten. Das deutsche Erbrecht hält einerseits Mechanismen bereit, um eine Aushöhlung der Pflichtteilsrechte zu verhindern. Insbesondere Schenkungen mit „warmer Hand“ sind aus diesem Grunde mit großer Vorsicht zu genießen. Gleichzeitig bestehen zahlreiche legale Gestaltungsmöglichkeiten, um eine interessensgerechte und rechtsverbindliche Lösung für alle Beteiligten zu erarbeiten.

Wenn Sie Ihre eigene Vermögensnachfolge im Sinne Ihrer Erben planen und Streitpotential vermeiden wollen, stehen wir Ihnen gerne mit unserem juristischen Fachwissen zur Seite. Auch als enterbter Pflichtteilsberechtigter sind Sie bei uns gut beraten: Vereinbaren Sie gerne telefonisch einen Termin, um Ihre Ansprüche zu klären.

Die Gründe, die eigene Vermögensnachfolge zu regeln sind unterschiedlich und immer individuell. Wir beraten Sie gerne und sorgen dafür, dass alle Komponenten optimal aufeinander abgestimmt sind.

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