Im März hat die Bundesjustizministerin Katarina Barley einen Entwurf für ein neues Abstammungsrecht vorgelegt. Unter Abstammung versteht man die rechtliche Zuordnung eines Kindes zu den Eltern. Lange Zeit war das Familienbild in Deutschland klar definiert: Eine Frau und ein Mann heiraten und bekommen Kinder. Das klassische Familienbild hat sich allerdings gewandelt. Steigende Scheidungsraten, Patchworkfamilien, Paare, die in „wilder Ehe“ zusammenleben, gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Samenspenden, Leihmutterschaften und Adoptionen werfen in Bezug auf das Abstammungsrecht immer mehr Fragen auf, die nicht mehr eindeutig beantwortet werden können.
Die Frage, von wem ein Kind abstammt ist von zentraler Bedeutung. Die Abstammung begründet ein Verwandtschaftsverhältnis, welches zahlreiche rechtliche Folgen im Erb- und Familienrecht nach sich zieht.
Nach bisheriger Rechtslage ist Mutter eines Kindes diejenige Frau, die es geboren hat. Das gilt auch bei einer Embryospende und bei einer Leihmutterschaft, bei der eine Frau das Kind für eine andere austrägt. Nach deutschem Recht ist nur die gebärende Frau die einzig legitime Mutter. Eizellenspende und Leihmutterschaft sind in Deutschland verboten.
Als Vater gilt nach dem Gesetz derjenige Mann,
Die bisherige und zukünftige Gesetzeslage unterscheidet zwischen dem rechtlichen und dem biologischen Vater. Das Verhältnis zum biologischen Vater mag noch so gut oder vielleicht auch schlecht sein: Ein Verwandtschaftsverhältnis wird immer nur zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind begründet.
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass zukünftig die Partnerin einer Frau, die ein Kind zur Welt bringt, automatisch als Mit-Mutter anerkannt wird. Voraussetzung ist allerdings, dass die beiden Frauen miteinander verheiratet oder eingetragene Lebenspartnerinnen sind. Die bislang nötige Stiefkindadoption würde bei lesbischen Paaren dadurch entfallen.
Ein schwuler Partner eines Vaters kann allerdings kein Mit-Vater sein. Hintergrund ist, dass ein Kind nur zwei rechtliche Elternteile haben darf. In solch einer Konstellation hat das Kind bereits eine Mutter und einen Vater. Eine Mit-Vaterschaft des schwulen Partners ist rechtlich in Folge nicht möglich. Er muss weiter den Weg der Stiefkindadoption gehen.
Die Vorlage der Justizministerin sieht u.a. auch Regelungen zur künstlichen Befruchtung vor. Wer als Partnerin oder Partner gemeinsam mit der Mutter in die künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten eingewilligt hat, soll als Vater oder Mit-Mutter anerkannt werden können. Voraussetzung ist aber, dass der Samenspender auf die Elternrolle verzichtet hat und sein Einverständnis mit der Speicherung seiner Daten im Samenspenderregister erteilt hat.
Nach derzeitiger Rechtslage ist dem leiblichen Vater ein Anfechtungsrecht verwehrt, wenn zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind eine enge sozial-familiären Beziehung besteht. Der Familienfrieden einer „intakten“ Familie soll durch ein gerichtliches Anfechtungsverfahren des leiblichen Vaters nicht gestört werden.
Nach dem Gesetzentwurf soll es der mutmaßliche biologische Vater leichter haben, seine Vaterschaft klären zu lassen. Zukünftig soll die sozial-familiäre Beziehung des Kindes zum anfechtenden leiblichen Vater auch mit zu berücksichtigen sein. Entscheidend soll sein, welche der jeweiligen sozial-familiären Beziehungen für das Kind wichtiger ist.
Das derzeit geltende Abstammungsrecht ist aufgrund der in der Gesellschaft gelebten Familienformen und der Möglichkeiten der modernen Reproduktionsmedizin nicht mehr zeitgemäß. Eine Reform ist daher grundsätzlich zu begrüßen, auch wenn der Entwurf nicht alle gelebten Familienformen in Regebogen – und Patchworkfamilien abbildet, da am Zwei-Eltern-Prinzip festgehalten werden soll. Ein Kind soll auch in Zukunft höchstens zwei rechtliche Elternteile haben.
Wann ein entsprechendes Gesetz beschlossen wird, steht allerdings noch aus.
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