Wird ein Angehöriger testamentarisch enterbt, stellt sich die Frage, ob und in welcher Höhe ihm ein Pflichtteilsrecht zusteht und wie dieser Anspruch durchgesetzt werden kann. Dabei gibt es diverse Stolperfallen. Werden die übersehen, sind die Konsequenzen oft fatal.
Die häufigsten Fehlerquellen haben wir hier für Sie zusammengestellt:
Der Pflichtteilsanspruch steht nur einem vom Gesetz ganz klar umgrenzten Kreis von Verwandten des Erblassers zu. Voraussetzung dafür ist, dass die pflichtteilsberechtigte Person durch letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) enterbt worden ist.
Pflichtteilsberechtigt sind dabei ausschließlich:
des Erblassers. Die Geschwister des Erblassers sind vom Pflichtteilsrecht ausgeschlossen. Sie gehen im Enterbungsfall leer aus.
Die Pflichtteilsquote der Abkömmlinge hängt davon ab, in welchem Güterstand der Erblasser verheiratet war. Zunächst muss man also die gesetzliche Erbquote des mit dem Erblasser verheirateten Ehegatten ermitteln, um seine Pflichtteilsquote bestimmen zu können.
War der Erblasser in Zugewinngemeinschaft (also ohne Ehevertrag) verheiratet, beträgt die gesetzliche Erbquote des Ehegatten tatsächlich 1/2 und die Kinder erben je 1/4. Die Pflichtteilsquoten der Kinder lassen sich mit jeweils 1/8 (die Hälfte der gesetzliche Erbquoten von je 1/4) noch relativ einfach bestimmen. Beim Ehegatten-Pflichtteil wird es komplizierter: die 1/2-Erbquote des Ehegatten setzt sich tatsächlich nämlich zusammen aus:
Damit beträgt der Pflichtteil des Zugewinn-Ehegatten in der Regel nur 1/8 (die Hälfte des gesetzlichen Erbteils von 1/4). Den konkreten Zugewinn gibt es im Falle der Enterbung noch obendrauf.
War der Erblasser in Gütertrennung verheiratet, kommt es darauf an, wie viele Kinder er hinterlassen hat. Waren es wie im Ausgangsfall zwei Kinder, beträgt die gesetzliche Erbquote des Ehegatten 1/3. Der Pflichtteil des Ehegatten liegt dann bei 1/6 (die Hälfte der gesetzliche Erbquote von 1/3) und ist damit genauso groß wie der Pflichtteil der Kinder von je 1/6 (ebenfalls die Hälfte der gesetzlichen Erbquote von je 1/3). Dabei bleibt es dann auch - der Zugewinn spielt in diesem Fall keine Rolle.
Gütergemeinschaft wird in Deutschland nur sehr selten vereinbart. Der Erbteil des Ehegatten liegt hier unabhängig von der Zahl der Kinder immer bei 1/4. Der Pflichtteil des Ehegatten umfasst deshalb am Beispiel zweier Kinder wie im Ausgangsfall 1/8. Auch hier spielt der Zugewinn keine Rolle.
Sie sehen: Ohne Kenntnis des Güterstandes wird die Pflichtteilsquote im schlimmsten Fall zum Nachteil des Pflichtteilsberechtigten falsch berechnet. Sie sollten die Berechnung daher idealerweise von Beginn an einem Profi überlassen. Nur so können Sie finanzielle Verluste abwenden.
Der Pflichtteilsberechtigte hat einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der Erbe ihm Auskunft über den Bestand des Nachlasses erteilt. Das geschieht mittels eines Nachlassverzeichnisses. Dieses Verzeichnis ist die Berechnungsgrundlage des Pflichtteilsberechtigten für seinen Anspruch.
In unserer Praxis haben wir schon häufig folgende Situation erlebt:
Viele Erben, die vom Pflichtteilsberechtigten dazu aufgefordert werden, ein solches Verzeichnis zu erstellen, denken sich, „Wieso die Arbeit zweimal machen?“ und leiten schlicht das Verzeichnis, das beim Nachlassgericht zum Zwecke der Berechnung der Erbscheinkosten abgegeben wurde an den Pflichtteilsberechtigten weiter. Tatsächlich ist es aber so, dass das nachlassgerichtliche Verzeichnis nicht den Anforderungen genügt, die das Gesetz an das pflichtteilsrechtliche Nachlassverzeichnis stellt. Gegenüber dem Nachlassgericht müssen z.B. keine Auskünfte über Schenkungen des Erblassers abgegeben werden. Wer sich als Pflichtteilsberechtigter also auf das beim Nachlassgericht abgegebene Nachlassverzeichnis verlässt, verschenkt unter Umständen viel Geld. Besser ist es daher, die Strategie direkt einem im Erbrecht versierten Rechtsanwalt zu überlassen, der Ihren Anspruch sauber anmahnt und dann auch durchsetzt.
Ist jemand verstorben, werden die Erben angeschrieben und vom Erbfall und Vorhandensein einer letztwilligen Verfügung informiert. Ferner weist das Gericht pflichtteilsberechtigte Personen mittels eines Informationsschreibens auf ihre Rechte hin. Oft gehen Pflichtteilsberechtigte dann davon aus, dass sich das Nachlassgericht auch um die Durchsetzung des Pflichtteils kümmern wird. Das ist ein Trugschluss.
Das Nachlassgericht kümmert sich nur um die Bestimmung der Erben. Sobald der Erbschein erteilt worden ist, schließt das Nachlassgericht die Nachlassakte. Der Pflichtteilsberechtigte muss sich selbst innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist gegenüber dem Erben um die Durchsetzung seines Anspruchs kümmern.
Der Erbe muss auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten Auskunft über die Schenkungen des Erblassers erteilen. In der Praxis werden die Auskunftsschreiben oft auf Schenkungen des Erblassers in den letzten 10 Jahren vor dem Erbfall beschränkt. Tatsächlich machen Gesetz und Rechtsprechung von der 10-Jahres-Frist viele Ausnahmen. Auch Schenkungen, die länger als 10 Jahre zurückliegen, können unter bestimmten Umständen für den Pflichtteilsanspruch relevant sein. So unterliegen beispielweise Schenkungen unter Ehegatten nie einer Frist und sind selbst dann noch für den Pflichtteilsanspruch heranzuziehen, wenn sie sehr lange zurückliegen. Auch bei vorbehaltenen Nutzungsrechten (Nießbrauchsvorbehalt und Totalwohnrechten) läuft keine Frist. Fehler beim Auskunftsverlangen können den Pflichtteilsberechtigten daher teuer zu stehen kommen. Wichtig ist insofern eine präzise Formulierung des Anschreibens und exakte Kenntnis der Rechtsprechung. Damit ist ein Laie regelmäßig verständlicherweise überfordert. Geben Sie die Dinge daher lieber in die Hände eines Experten. Er weiß, wie das Auskunftsschreiben verfasst werden muss, damit Sie zu den notwendigen Informationen und damit zu Ihrem Recht kommen.
Sie haben ein pflichtteilsrechtliches Problem? Sprechen Sie uns an. Gerne stehen wir Ihnen bei der Durchsetzung oder Abwehr eines Pflichtteilsanspruchs zur Seite.
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